Der Trust passt nicht

Artikel NZZ
Mai 2018

Michael Fischer
Dr Natalie Peter

Die Schweiz braucht Instrumente für die Nachlassplanung, nicht aber das angelsächsische Trustrecht.

Paolo Bernasconi hat sich vor kurzem in diesen Spalten unter dem Titel «Zeit für einen Schweizer Trust» für die Einführung dieses Instruments in das hiesige Recht starkgemacht (NZZ 20.04.18). Wie die Einpassung des der schweizerischen Rechtsordnung fremden Trusts erfolgen soll, bleibt allerdings offen.

Nach ausländischem – i. d. R. angelsächsischem – Recht organisierteTrusts sind in der Schweiz bereits praktizierter Alltag, und steuerliche Fragen betreffend Trusts sind mit den bestehenden Bestimmungen auch in der Schweiz sehr wohl lösbar. Es besteht aber kaum Schweizer Judikatur, auf die sich der Rechtsanwender mit gutem Gewissen verlassen könnte. Voreilig ist die Behauptung von Bernasconi, dass sich die auf diesem Gebiet beratende Zunft ohne weiteres dem Anliegen einer Verankerung des Trusts im Schweizer Recht angeschlossen habe. Die Übernahme ausländischen Trustrechts würde zu erheblichen Schwierigkeiten führen.

Angelsächsische Trusts weisen Eigenschaften auf, die im römischrechtlich geprägten Zivilrecht kaum abzubilden sind. Ausser Frage steht aber der Bedarf an Schweizer Nachlassplanungs-Instrumenten. Das heute geltende Schweizer Recht setzt einer Planung zugunsten von minderjährigen oder zurechnungsunfähigen Nachkommen oder der Strukturierung von Nachlässen über mehrere Generationen enge Grenzen. Allerdings verfügt unsere Rechtsordnung bereits über Instrumente, die vergleichsweise einfach für die Zukunft bzw. für einen zweckmässigen Einsatz ausgestaltet werden könnten – das sind namentlich die Stiftung und die Treuhand.

Anstatt einen Verschnitt nach angelsächsischen Vorbildern in unsere Rechtslandschaft zu zwingen, wäre es wünschenswert, der Schweizer Gesetzgeber würde, ausgehend von diesen beiden bewährten und bekannten Rechtsfiguren, genuin schweizerische Lösungen erarbeiten. Diverse Argumente, die gegen die Einführung von Schweizer Nachlassplanungs-Instrumenten ins Feld geführt werden, laufen bei näherer Betrachtung nämlich ins Leere. Mit Erlass des ZGB im Jahr 1912 wurde das Verbot von Unterhaltsstiftungen über mehrere Generationen, den sogenannten Familienfideikommissen, eingeführt. Spätestens seit der Ratifizierung des Haager Trust-Übereinkommens 2007 und der Anerkennung von ausländischen Trusts in der Schweiz sowie dem Entscheid des Bundesgerichts im Jahr 2009, wonach ausländische Unterhaltsstiftungen zulässig sind, hat dieses Verbot allerdings keine Rechtfertigung mehr. Es kann nicht verhindern, dass mit ausländischen Gefässen ein fideikommissähnlicher Ersatz geschaffen wird. Schweizer Familien können also bereits heute Unterhaltsstiftungen oder ähnliche Gefässe errichten, sind dafür allerdings auf den Umweg über ausländische Rechtsordnungen angewiesen.

Das Schweizer Pflichtteilsrecht steht grundsätzlich der Gründung von ausländischen Gefässen nicht im Weg, solange der Errichter sich testamentarisch oder erbvertraglich innerhalb der (eher engen) erbrechtlichen Vorgaben bewegt. Gleiches gälte auch für künftige Schweizer Nachlassplanungs-Instrumente, zumal der Gesetzgeber im Rahmen der gegenwärtigen Erbrechtsrevision dabei ist, die Pflichtteilsquoten zu reduzieren. Die Steuerbehörden haben eine zuverlässige und gefestigte Praxis zur Besteuerung von Trusts und ausländischen Familienstiftungen erarbeitet. Diese Institute werden, sofern von einem Schweizer Steuerpflichtigen gegründet, typischerweise steuerlich transparent behandelt. Eine Defiskalisation von Einkünften oder Vermögen findet also nicht statt, weil diese entweder dem Errichter oder den Begünstigten zugerechnet und entsprechend von diesen versteuert werden. Hinzu kommt, dass Stiftungen und Trusts spätestens mit der Umsetzung des AIA und der Einführung von Öffentlichkeitsregistern im Ausland kaum mehr Potenzial zur Steuerhinterziehung bieten.

Die Schweiz braucht sehr wohl ein eigenes Gefäss für die Nachlassplanung. Der Import von angelsächsischem Trustrecht ist dazu aber gänzlich ungeeignet. Das angestrebte Ziel lässt sich vielmehr über eine zweckmässige Anpassung der Familienstiftung und der Treuhand erreichen.

Michael Fischer ist Rechtsanwalt und Steuerexperte in Zürich
Natalie Peter ist Rechtsanwältin in Zürich